Vom Motor des Aufschwungs zum Gestalter des Wandels
Die Jugend hat Lünens wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung entscheidend geprägt. Vom harten Einsatz in Industrie und Bergbau über den Aufstieg zur Innovationstreiberin bis hin zur aktiven Mitgestaltung im Strukturwandel zeigt sich: Jede Generation junger Menschen war ein Spiegel der jeweiligen Zeit – und ein Hoffnungsträger für die Zukunft.
Frühes 20. Jahrhundert: Jugend als Arbeitskraft im industriellen Aufschwung
Mit Lünens Entwicklung zum Industriestandort wurde die Jugend eine tragende Säule des wirtschaftlichen Erfolgs. Viele Jugendliche, häufig Kinder polnischer Zuwandererfamilien, traten nach der Volksschule direkt in den Bergbau oder die Industrie ein. Sie stärkten Wachstum und Produktivität erheblich.
In der Weimarer Republik traten erstmals das soziale und politische Engagement junger Menschen hervor. Neue Impulse für Gesellschaft und Wirtschaft entstanden. Während der NS-Zeit wurde die Jugend massiv instrumentalisiert. Nach 1945 halfen junge Lüner:innen tatkräftig beim Wiederaufbau und legten die Grundlage für das Wirtschaftswunder.
Wirtschaftswunder: Jugend als Wachstumstreiber
In den 1950er- und 60er-Jahren war die Jugend Motor eines nie dagewesenen Aufschwungs. Der hohe Bedarf an Arbeitskräften eröffnete jungen Menschen Chancen auf Ausbildung und Beschäftigung. Sie traten als Lehrlinge in Betriebe wie die Hüttenwerke Lünen AG, Schwermaschinenbau Lünen GmbH, Gröppel Rohstoffe (heute Remondis) und die Zechen ein.
Besonders der steigende Anteil junger Frauen in Ausbildung und Erwerbsarbeit stärkte die wirtschaftliche Basis der Stadt. Auch Jugendliche aus Italien, der Türkei und Griechenland brachten frische Kompetenzen ein, erschlossen neue Märkte und unterstützten den Übergang in eine Dienstleistungs- und Konsumgesellschaft.
Der Strukturwandel im Ruhrgebiet bedeutete auch für Lüner Jugendliche neue Herausforderungen. Arbeitsplätze im Bergbau und der Stahlindustrie gingen verloren, während neue Branchen erst im Entstehen waren.
Strukturwandel seit den 1980er-Jahren: Junge Menschen als Anpassungsmotor
Ab den späten 1970ern geriet Lünens traditionelle Schwerindustrie in die Krise, die Rezession Anfang der 1980er traf die Jugend besonders hart. Jugendarbeitslosigkeit wurde vielerorts zur "neuen Normalität", auch in Lünen. Der Strukturwandel traf klassische Industrieberufe massiv und verschärfte die Perspektivlosigkeit vieler junger Menschen.
Erst ab den 1990er-Jahren besserte sich die Lage langsam. Arbeitsmarktreformen, wirtschaftlicher Aufschwung und demografische Veränderungen sorgten ab Mitte der 2000er für einen Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit. Auch die COVID-19-Pandemie unterbrach diese Entwicklung nur kurzzeitig. Dennoch steigen Jugendarbeitslosigkeit und Jugendarmut in manchen Stadtteilen trotz steigender Beschäftigungszahlen und des fortschreitenden Fachkräftemangels.
Aktuelle Strategien: Bildung und Unterstützung im Fokus
Lünen setzt auf gezielte Programme und Kooperationen, um Jugendlichen neue Perspektiven zu eröffnen und Fachkräfte zu sichern:
- Kein Abschluss ohne Anschluss (KAoA): Praktika, Berufsfelderkundungen und Beratungen erleichtern Jugendlichen den Übergang in Ausbildung und Beruf.
- Lünen bewegt Bildung: Bildungsangebote von der frühen Förderung bis zur Weiterbildung werden miteinander verknüpft.
- Lippe Berufskolleg Lünen: Enge Kooperationen mit Unternehmen und praxisnahe Abschlüsse sichern die Fachkräftebasis.
- Lüner Nacht der Ausbildung: Hier lernen Jugendliche über 70 Berufe praktisch kennen.
- Jugendberufshilfe & Bildungszentren: Institutionen wie die Jugendwerkstatt, das Kolping Bildungszentrum, die VHS Lünen und das Jobcenter Kreis Unna bieten Qualifizierung und Unterstützung.
- Jugenduni im Kreis Unna: Frühzeitige Förderung von technischem und naturwissenschaftlichem Interesse schafft Zukunftschancen.
Lünens Jugend bleibt auch in Zukunft Schlüssel für wirtschaftliche Stärke und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Ihre Förderung ist entscheidend, um den anstehenden Herausforderungen aktiv zu begegnen.
UFO.Space Lünen – Wirtschaft trifft Jugend
Mit dem Pilotprojekt „Transformationsbooster Feldtest UFO“ (UFO.Space) hat die Wirtschaftsförderungszentrum Lünen GmbH (WZL) 2025 neue Wege in der Fachkräftesicherung erprobt. Der vom Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes NRW geförderte Feldtest lief über mehrere Monate und verknüpfte Berufsorientierung, Praxisformate und Begegnung auf Augenhöhe an einem zentralen Ort: dem UFO.Space.
Ziel war es, frühzeitig den Kontakt zwischen regionalen Arbeitgebern und jungen Menschen herzustellen, um so neue Wege in der Nachwuchsgewinnung zu testen. Der Fokus lag dabei bewusst auf realer Zusammenarbeit statt formaler Verfahren.
Direkte Begegnung mit messbarem Erfolg
In Workshops, Projektphasen und Veranstaltungen arbeiteten Handwerksbetriebe, Dienstleister und Technologieunternehmen gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern sowie ausbildungssuchenden Jugendlichen an konkreten Aufgaben. Es wurde gebaut, gestaltet, programmiert und präsentiert. Ergänzt wurde das Angebot durch Bewerbungstrainings, Betriebsbesichtigungen und Formate zur Persönlichkeitsentwicklung.
Dieser Ansatz hat Wirkung gezeigt: Im Rahmen des Projekts konnten insgesamt sechs Ausbildungsverträge, sechs Arbeitsverträge und ein FSJ abgeschlossen werden. Hinzu kamen neun Praktika und vertiefende Kontakte zwischen Betrieben und Jugendlichen, aus denen sich weitere Ausbildungsperspektiven ergeben haben. Damit hat der Feldtest nicht nur neue Kontakte ermöglicht, sondern konkrete Potenziale zur Recruitierung geschaffen.
UFO.Space als Plattform für Berufsorientierung und Austausch
Über die Workshopformate hinaus entwickelte sich der UFO.Space zu einem offenen Ort der Berufsorientierung und Vernetzung. Im Projektzeitraum fanden hier unter anderem:
- die diesjährige Ausbildungsbörse „Handwerk hebt ab!“,
- die Präsentation der Handwerkerschaft bei der Lüner Nacht der Ausbildung,
- eine Girls’Day-Veranstaltung mit der Firma Brockhaus AG,
- sowie ein Treffen der Initiative Startup Teens mit rund 100 Schüler*innen
statt. Diese Aktivitäten stärkten die Sichtbarkeit regionaler Ausbildungsangebote und zeigten, wie vielseitig der Standort als Begegnungsraum genutzt werden kann.
Lernprozesse auf beiden Seiten
In insgesamt acht Workshopformaten zwischen dem 7. April und dem 11. Juli erhielten Jugendliche Einblicke in handwerkliche, technische und digitale Berufsfelder. Neben fachlichen Fähigkeiten standen Teamarbeit, Eigenverantwortung und Selbstreflexion im Mittelpunkt. Viele Teilnehmende setzten sich erstmals intensiv mit ihren eigenen Stärken und beruflichen Interessen auseinander.
Auch für die beteiligten Unternehmen bot das Projekt neue Perspektiven. Die direkte Zusammenarbeit ermöglichte es, junge Menschen jenseits von Noten und Lebensläufen kennenzulernen und Ausbildungspotenziale frühzeitig zu erkennen.
Starke Partnerschaften – klare Grenzen
Das Projekt wurde getragen von der engen Zusammenarbeit mit zahlreichen regionalen Partnern, darunter Handwerksbetriebe, Schulen, die Kreishandwerkerschaft Dortmund-Hagen-Lünen, Agentur für Arbeit, Jobcenter, Stadt Lünen sowie weitere Institutionen und Unternehmen. Diese Partner brachten sich aktiv in Planung und Umsetzung ein.
Gleichzeitig zeigte der Projektverlauf deutlich die strukturellen Grenzen solcher Formate: Die hohe Auftragslage vieler Betriebe lässt nur begrenzte zeitliche und personelle Spielräume für Nachwuchsarbeit. Diese Erkenntnis ist ein zentrales Ergebnis des Feldtests.
Evaluation als Grundlage für die Weiterentwicklung
Zum Projektabschluss wurde eine Evaluation durchgeführt, in der Erfahrungen, Rückmeldungen und Ergebnisse systematisch ausgewertet wurden. Die Evaluation bestätigt den grundsätzlichen Mehrwert praxisnaher Begegnungsformate, zeigt aber auch Anpassungsbedarfe bei Umfang, Dauer und Unterstützungsstrukturen auf.
Die Ergebnisse der Evaluation fließen aktuell in die Ausarbeitung eines neuen Projektantrags ein. Ziel ist es, ein weiterentwickeltes Konzept mit kürzeren, flexibleren Formaten, klareren Entlastungsangeboten für Unternehmen und ergänzenden digitalen Elementen zu entwickeln.
Ausblick: Vom Feldtest zum tragfähigen Modell
Die Wirtschaftsförderungszentrum Lünen GmbH zieht ein positives Fazit. Der Feldtest UFO hat gezeigt, dass innovative Recruitierungswege in Lünen funktionieren – wenn sie praxisnah, niedrigschwellig und gut begleitet ist. Mit den gewonnenen Erkenntnissen, den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen und den vielfältigen Veranstaltungsformaten hat das Projekt wichtige Impulse für die regionale Fachkräftesicherung gesetzt.
Der UFO.Space und der entstandene Projektgarten sollen auch künftig als Ort für Workshops, Netzwerktreffen und kurze Praxisseminare genutzt werden. Ziel bleibt es, aus dem erfolgreichen Pilotprojekt ein dauerhaft tragfähiges Angebot zu entwickeln und so junge Menschen und Betriebe nachhaltig zusammenzubringen.